Babenhausen/Ulm(CARSTEN MUTH/Südwestpresse Ulm): Kinder ohne Arme. Ohne Beine. Diese Bilder haben
Martin Krick aus Babenhausen im Landkreis Unterallgäu bis heute nicht losgelassen. Gesehen hat er all das vor wenigen Wochen in einem Rehabilitations-Zentrum der Kinderhilfe
Friedensdorf International in Oberhausen. Dort, im nördlichen Ruhrgebiet, werden schwerkranke oder verletzte Jungen und Mädchen aus Krisen- oder Kriegsgebieten behandelt (siehe nebenstehende Meldung). Unterstützen will
Martin Krick die Hilfsorganisation mit einer ungewöhnlichen Aktion. Der 57-Jährige will Fahrradfahren, um Leben zu retten. Gut 4000 Kilometer in 25 Tagen, von Riezlern im Kleinwalsertal in Österreich bis ans Nordkap in Norwegen. Wie man auf solch eine verrückte Idee kommt? "Die Entscheidung ist spontan gefallen, vor gut einem Jahr", sagt Krick. Für den passionierten Ausdauersportler ist die Aktion eine "Herzensangelegenheit". Die Kosten für die Tour bezahlt der selbstständige Unternehmensberater aus eigener Tasche. Er will dem Friedensdorf mit seiner Tortur ein Gesicht geben. Und er will Spenden sammeln. "Wenn ich dazu beitragen kann, auch nur einem Kind die Chance auf Leben zu geben, dann ist das Motivation genug." 7500 Euro sind dank Sponsoren bereits im Vorfeld zusammengekommen. Unterwegs will Krick mehr Geld sammeln.
Die Vorbereitungen sind inzwischen fortgeschritten. Los geht es am 27. Juni. Mit 15 Kilogramm Gepäck, Zelt und Schlafsack inklusive. Übernachten wird der 57-Jährige, sofern möglich, in Hotels oder Pensionen. Die Strecke führt vom Kleinwalsertal über die Grenze ins Allgäu, dann durch den Kreis Neu-Ulm, den Alb-Donau-Kreis nach Norden, immer weiter in Richtung Würzburg. Weitere geplante Stationen sind Kassel, Hannover, Hamburg und Lübeck. In einigen Etappen-Zielorten wird der Ausdauersportler von Friedensdorf-Aktivisten sowie Lokalprominenz aus Politik und Wirtschaft erwartet. Bei den offiziellen Empfängen soll zu Spenden für die Kinderhilfe aufgerufen werden. Mit der Fähre wird Krick dann nach Trelleborg in Schweden übersetzen.
160 Kilometer will er täglich zurücklegen. Das macht, so hat er errechnet, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern und einem durchschnittlichen Puls von 125 Schlägen pro Minuten insgesamt 1,5 Millionen Herzschläge bis ins Ziel. Zurück geht es dann deutlich komfortabler. Per Flugzeug. Von Alta in Nord-Norwegen über Oslo nach Stuttgart.
"Eine solche Tour", sagt
Martin Krick, "kann man nicht trainieren" Angst, vor dem Nordkap schlapp zu machen, hat der Babenhausener aber nicht. Sein Plan: Nachts gut schlafen, unterwegs nicht zu viel Gewicht verlieren. Das heißt: Ausreichend essen - mindestens 5000 Kalorien pro Tag, vor allem Kohlenhydrate und Proteine - und vor allem: viel, viel trinken, fünf bis sieben Liter pro Tag. "Dann", da ist der 57-Jährige sicher, "werde ich es schon schaffen." Sorgen bereiten dem Ausdauerathleten die vielen Mücken im skandinavischen Sommer. "Die sind ein Problem, auch für Radfahrer."
Es ist nicht das erste Mal, dass sich
Martin Krick für den guten Zweck schindet. Er weiß, wie es sich anfühlt, an seine Grenzen zu gehen. Vor zwei Jahren ist er gemeinsam mit dem Ulmer Medizinstudenten Rupprecht Lange, wie Krick erfahrener Marathonläufer und Mann der sportlichen Extreme, für das
Friedensdorf International von Babenhausen bis ins Camp des Kinderhilfswerk nach Oberhausen gelaufen. 746 Kilometer in neun Tagen. "Das war schon hart", erinnert sich Krick. "Aber es hat sich gelohnt". 51 000 Euro kamen damals an Spenden zusammen (wir berichteten).
Ende April wird der 57-Jährige in Hamburg einen Marathon laufen. Anschließend bleiben noch acht Wochen Zeit, um das Radfahrtraining zu intensivieren und sich vorzubereiten auf die ehrgeizige Tour zum Nordkap. Allzu viele Gedanken macht sich
Martin Krick vor dem Start jedoch nicht. "Ich setze mich aufs Rad und fahre los."